Hallo Aevin,
keine Frage, bei einem Festplatten-Ausfall steigt immer der Adrenalin-Spiegel. Der Ausfall einer Maschine steht hier offenbar bevor oder sie ist bereits ausgefallen. Datenverlust droht, zumindest zweitweise (bis das eventuelle Backup wieder zurück gespielt ist).
Ein Raid an sich (jetzt ausgeschlossen ein Raid 0) hält die Daten schonmal redundant vor. Es ist also eine elegante Möglichkeit, sich von der Hardware etwas zu distanzieren. Alles in Allem ist dieses Konstrukt für die neuen Verschleißteile wie gemacht. Fällt eine Platte aus, wird sie einfach ausgetauscht, die Daten werden mithilfe der Redundanzen wieder hergestellt. Klar, das dauert auch eine gewisse Zeit, die Downtime kann hier aber durchaus reduziert werden, wenn es überhaupt eine gibt (Hotplug).
Raid an sich ist leider kein Allheilmittel, birgt es doch einige Gefahren.Es gibt nur ein einziges Dateisystem, welches beschädigt werden kann. Oder das Szenario mit dem Virus, Erschütterungen,Stromschlag usw... Dafür muß dann schließlich ein Backup her.
Klar, der Rebuld von einem Raid oder gar das Zurückspielen eines mehrere GB / TB großen Backup dauert seine Zeit. Auch die ganzen Reibereien mit den Herstellern, Austausch von der Platte auf Garantie, die Lieferzeiten, der Umbau der Gerätschaften (bei nicht Hotplug-fähigen Geräten) usw.
Fakt ist jedoch, es wird ja in diesem Forum deutlich, ich selbst hab auch derartige Beobachtungen angestellt, daß heutige Festplatten nicht mehr für die Ewigkeit bestimmt sind. Ich hab noch einige Festplatten aus der "guten alten Zeit". Sie würden heute noch gehen, wenn sie betrieben würden. Nur mit 170 MB oder 540 MB kommt man heute halt leider nicht mehr weit. Jedenfalls hat sich auch bei mir der Eindruck gefestigt, daß heutige Festplatten bei weitem nicht mehr so stabil laufen, wie in dieser alten Zeit.
Was mir oft die Haare zu Berge stehen läßt, ist einfach die Vielfalt an unterschiedlichen Platten, die man als normaler Mensch nicht überblicken kann. Als günstigste Platten gibt es da oft die Green-Modelle. Nicht-Green-Modelle scheint es schon fast nicht mehr zu geben, denn die Stromsparmechanismen sind ja auch in den RED-Platten drin, auch sog. Enterprise-Platten dürften da einiges an Bord haben. Die Unterschiede zwischen Green und Red (jetzt von WD) sind mir nicht geläufig. Böse Zungen behaupten, es sei lediglich die Garantie und der Name.
An Festplatten-Herstellern gibt es ja nur noch eine Hand voll. Viele kleinere Hersteller wurden aufgekauft oder vernichtet. Dies hat zur Folge, daß nur noch Quantität anstelle von Qualität fabriziert wird. Die immer kleiner werdenden Zuordnungseinheiten, oder anders herum die immer steigende Kapazitäten sind sicherlich nicht einfach für die Hersteller. Auch die Stromsparmechanismen beeinflussen die Mechanik. Dann müssen Festplatten immer günstiger sein, was natürlich auch negativen Einfluß auf die Entwicklung und Fertigung hat. Denn irgendwo muß ja gespart werden.
Aufgrund der immer rasanter werdenden Modell-Wechsel ist es auch nicht einfach, Erfahrungswerte aufzubauen. Hat man mit einem Modell Erfahrungen gesammelt, gibt es das Modell bereits nicht mehr. Langzeit-Tests sind deshalb auch unmöglich. Oft ändert sich nur eine kleine Zahl, ein Buchstabe in der Modellbezeichnung, schließlich ist es ein völlig neues Modell mit völlig neuen "Macken". Von da her kann man Festplatten eher mit einer Religion gleichsetzen, technische und wissenschaftliche Daten kann man sowieso nicht sammeln. Hat man einmal eine Platte von Hersteller A im Einsatz und erlebt damit einen Ausfall, heißt das noch lange nicht, daß Hersteller A nur Müll produziert. Ich habe beobachtet, daß z. B. WD-Platten oft und gerne ausfallen. Mag sein, daß es der hohe Marktanteil ist, oder in meinem Umfeld nur viele WD Platten eingesetzt wurden. Ähnliches kann auch mit anderen Herstellern passieren.
Fazit: Eine Datensicherung ist für wichtige Daten immer ratsam. Denn der Ärger, den man hat, wenn ein Datenverlust eintritt, steht in keinem Vergleich zum Szenario, wenn man einige Stündchen ein Backup zurück spielen muß.
Ich möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen. Zum Einen müßten die Festplattenhersteller deutlich an Qualität zulegen. Zum Anderen ist es vielleicht an der Zeit, neuartige Dateissysteme zu entwickeln. Dateisysteme, die einen Abgleich zweier oder mehrerer Bestände schneller bewerkstelligen. Quasi ein Zwischen-Ding zwischen Raid (ein Dateisystem) und einem offline-Backup (zwei Dateisysteme, aber unterschiedliche Stände, langwierige Synchronisierung). Also zwei oder mehr Dateisysteme, die sofort (online) synchronisiert werden können. Zudem sollte ein Protokoll geführt werden, um einen Offline-Datenbestand in rascher Zeit online zu synchronisieren. Bestenfalls hätte man drei Dateisysteme, zwei sind online und eins offline. Zum Backup-Zweck wird das offline gehaltene System online gebracht, die Änderungen (welche im Protokoll vermerkt sind) werden synchronisiert (also wird nicht langwierig nach Änderungen gesucht) und danach kann dann ein anderes Drittel des Datenbestandes offline gehen.
Backups und Raidsysteme werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Je größer die Kapazitäten der Festplatten und Raid-Volumes werden, desto schwieriger wird es werden, sie in einem vernünftigen Zeitraum zu sichern. Auch das Backup-Ziel wird immer schwieriger werden, denn eine 10 TB USB-Platte gibt es ja noch nicht. Bleibt lediglich die Möglichkeit, einen weiteren Plattenpool fürs Backup zu verwenden.
Ciao Jan