Ich halte diesen Gedankengang für zu weit hergeholt.
Ich möchte hier keine Coronadiskussion lostreten, dazu sind wir doch etwas zu themenfremd unterwegs.
Der Demokratieabbau ist allerdings in vielen Ländern Fakt, weil im Regelfall mindestens voriges Jahr mit Notrecht Einschränkungen verhängt wurden, die wieder abzubauen man sich offensichtlich wirklich schwer tut. Auch die nachträglichen Legitimationen sind vielfach eher halbherzig erfolgt, hier in der Schweiz musste gar eine Volksabstimmung nachgeholt werden für Regeln, die zum Zeitpunkt der Abstimmung tatsächlich bereits wieder abgeschafft waren.
Die Tests kostenpflichtig zu machen, ist nicht wegen der Unbelehrbaren ein Problem, sondern wegen Leuten, die am unteren Ende der sozialen Leiter stehen und es sich schlicht nicht leisten können, gleichzeitig aber aus verschiedenen (ja, überwiegend vermeintlichen) Gründen vor der Impfung zurückschrecken. Und es gibt ein verbrieftes Grundrecht, das sich "gesellschaftliche Teilhabe" nennt, und da gehören nun einmal auch Kino-, Restaurant- und Museumsbesuche dazu. Diese gesellschaftliche Teilhabe macht ja auch die ewigen Hartz4-Diskussionen in DE so eklig.
Die Zertifikatspflicht allein ist schon ein grosses Problem, da sich längst erwiesen hat, dass die Impfung weder vor einer Infektion mit der Deltavariante schützt noch eine Infektiosität Geimpfter ausschliesst. Ja, es gibt ausser bei den eh Vorerkrankten mit der Impfung erst recht kaum noch Todesfälle, und schwere Fallverläufe sind auch um etliche Faktoren geringer. Das nutzt aber uns allen insofern rein gar nichts, weil wir Kinder unter 12 Jahren nicht impfen, nicht testen, sie kein Zertifikat brauchen und sich das Virus fröhlich weiter unter ihnen verbreiten kann und wird.
Selbst wenn die gesamte Bevölkerung der Industriestaaten geimpft wäre, nützt es nichts - die 4 Mrd Menschen in den Drittweltländern, die zum grössten Teil weiter ungeimpft sind, bleiben dann trotzdem als Brutherde neuer Mutationen, gegen die unsere Impfstoffe dann so sicher wie's Amen in der Kirche irgendwann nicht mehr wirken (Stichwort Ausweichmutation). Mit Impfung und Zertifikat wird lediglich eine Scheinsicherheit suggeriert, um den dummen Michel ruhig zu stellen (Brot und Spiele), und damit ist der Grundstein für die nächste Pandemiestufe bereits gelegt. Die bewusste Ausgrenzung der Impfgegner bringt also auf Sicht von mehr als wenigen Monaten genau gar nichts für die Habenseite.
Auch halte ich die Nutzung von den üblichen Totschlagsargumenten (Kommunist, Nazi, Vergewaltiger, Kinderschänder, usw.) für ein Indiz für das Fehlen von echten Argumenten.
Die Argumente habe ich genannt und habe lediglich einen Vergleich zu politischen Strömungen gezogen, von denen man analoge Vorgehensweisen aus der Vergangenheit bereits kennt. Ich sehe nicht, wo das ein Totschlagargument sein sollte. Dieser Begriff wiederum wird vielmehr von der Gegenseite unmittelbar ins Feld geführt, wenn sich diese nicht mit den vorgebrachten Argumenten auseinandersetzen will.
Genausogut hätte ich aus "Animal Farm" zitieren können, hätte damit indirekt genauso auf den Kommunismus als bekanntes historisches Negativbeispiel verwiesen, und ein erheblicher Teil unserer Mitbürger würde überhaupt nicht verstehen, was gemeint ist.
"Vier Beine gut, zwei Beine schlecht", hiess es darin. Erst wurden Ausnahmen fürs Geflügel auf der Farm gemacht, am Ende liefen die Schweine auf den Hinterbeinen.
"Wehret den Anfängen", hat es früher mal als Redewendung gegeben. So lange man bei der Einführung erster fragwürdiger Massnahmen auf der "richtigen" Seite steht, fühlt man sich im Recht und kann nicht nachvollziehen, dass andere diese Massnahmen nicht goutieren. Ist ein Instrument aber erst einmal vorhanden, wird es unweigerlich über kurz oder lang ausgeweitet, und dann kann man ganz plötzlich auf der falschen Seite landen.
"Ist der Trog erst einmal da, kommen auch die Säue", passt da ebenfalls. Kann man aktuell mit dem neuesten Blödsinn aus dem Hause Apple (Bildanalyse direkt auf den Endgeräten der Kunden unter dem Deckmantel des Kinderschutzes gegen Missbrauch) auch wieder beobachten. Ist das Werkzeug einmal vorhanden, wird es sofort gewisse Regime geben (denke dann an die Weissrussen, Türkei, China, Venezuela und Co.), die damit ganz anderes Datenmaterial entdecken wollen. Und mindestens im Fall China glaube bitte keiner, Apple würde da nicht sehr schnell einknicken, sobald eine solche Forderung kommt. Ganz davon abgesehen, dass hier polizeiliche Aufgaben an ein Privatunternehmen delegiert werden bzw. sich dieses Unternehmen erdreistet diese an sich zu reissen.
Peter, wir können gern auf dem PM-Weg weiter darüber diskutieren. Die Risiken der genannten Kombination von Massnahmen (faktische Zertifikatpflicht und ohne Impfung kommt man nicht mehr kostenfrei ans Zertifikat heran, also wird eine faktische Impfpflicht für erhebliche Teile der Gesellschaft durch die Hintertür etabliert) sind nicht von der Hand zu weisen. Über den Umgang mit der Pandemie (den Begriff muss ich nicht nachschlagen, aber dir sei mal der Unterschied in der Definition ans Herz gelegt, der bis 2008 gültig war und wie es seit 2009 daherkommt) hat sich die Gesellschaft schon so gespalten, da giesst man mit solchen Dingen nur noch mehr Öl ins Feuer.
Wenn ich sehe, dass Gegner einer Coronaimpfung eine offene und ernstgemeinte Diskussion einfach minutenlang niederbrüllen oder Ärzte, die 12 bis 17-Jährige impfen, mehrfach mit dem Tod bedroht werden, frage ich mich ernsthaft, ob überhaupt noch etwas in diesen Köpfen vor sich geht.
Das sehe ich durchaus genauso wie du. Allerdings ist es ein Kennzeichen einer stabilen Demokratie, dass sie solchen bösartigen Unfug zulässt/erlaubt und obendrein erträgt. Man muss eine Meinung nicht teilen, so lange man sich darin einig ist dass es zum Kern einer Demokratie gehört, dass man unterschiedliche Meinungen haben und äussern darf. Über die Form, wie die "Querdenker" dies tun, müssen wir nicht streiten.
"Ich muss Ihre Meinung nicht teilen, mein Herr, aber als Demokrat muss ich mich dafür einsetzen, dass Sie Ihre Meinung äussern dürfen".
Ich bin, wie oben beschrieben, selbst geimpft (und laut der Ärztin im Impfzentrum, als sie von der heftigen Reaktion auf die erste Dosis erfuhr, wahrscheinlich auch "Genesener", ohne die Infektion je bewusst gehabt zu haben), kein Querdenker und kein Impfgegner - aber ich bin Demokrat und sehe solche Auswüchse daher mit grosser Sorge.
Demokratie umfasst eben grundsätzlich alle, und nicht nur die Privilegierten.
Schöner, wichtiger Kernsatz. Genau darum geht es ja - aus demokratischen Kernprinzipien werden über Umwege Privilegien gemacht, also wird die Gesellschaft geteilt in die Privilegierten und die, die die Privilegien nicht haben (wollen).
Ein Recht auf Einkaufen im Ladengeschäft
Doch, das gibt es, nennt sich Grundversorgung. Deshalb wird sich auch kein Politiker an eine Zertifikatpflicht fürs Betreten eines Supermarkts oder TanteEmma-Lädchens rantrauen, da das Selbstmord wäre.
Eine allgemeine Impfpflicht wäre übrigens gegen die Grundrechte auf Selbstbestimmung und auf körperliche Unversehrtheit abzuwägen. Das Zeug, das wir uns derzeit alle mehr oder eher weniger freiwillig reindrücken lassen, war die mit weitem Abstand übelste Impfung meines Lebens, und da rede ich nur von der erwartbaren Impfreaktion, noch nicht einmal von den Nebenwirkungen. Da ist meine körperliche Unversehrtheit für den Zeitraum von einigen Wochen fröhlich mit Füssen getreten worden.
Dass KKH- und Pflegepersonal einer berufsbedingten Impfpflicht unterwerfen müssen, steht auf einem anderen Blatt, denn mit der Berufswahl hat man dies erstens in Kauf genommen und zweitens eine Verpflichtung gegenüber seinen Schutzbefohlenen.